Die Bündnisgrünen freuen sich über das Interesse des Planungsbüros Portarion in Barntrup ein MVZ errichten zu wollen.

Weiterhin begrüßen wir es, dass für das Vorhaben wohl auch schon ein Investor gefunden wurde. Im Planungsausschuss wurde durch das Planungsbüro das Vorhaben mit einer kurzen Präsentation vorgestellt. Die Planung sieht neben Praxisräumen für Ärzte auch ein Angebot für komplementäre Einrichtungen vor. Genannt wurden neben Physiotherapie und Orthopädie auch Hebammen und Beratungszentren. Angrenzend an das MVZ ist die neue Rettungswache so wie eine neue Polizeistation geplant.

Wie aber bewerten wir ein MVZ für Barntrup?

Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ist einer der wesentlichen Faktoren den ländlichen Raum wieder oder weiterhin mit Leben zu füllen. Die Abwanderung von jungen Menschen und Familien hängt in erster Linie sicherlich vom Stellenangebot ab. Beeinflusst wird eine solche Entscheidung aber auch durch die Erreichbarkeit im Gesundheitssektor.

Die Ansiedlung von Ärzten ist durch Arztsitze geregelt, die Vergabe dieser Arztsitze erfolgt durch die Kassenärztliche Vereinigung. Ist an dem Standort kein Arztsitz frei, kann sich so schnell auch kein neuer Arzt niederlassen. Das betrifft neben den Hausärzten auch die jeweiligen Fachärzte. In Barntrup sind zur Zeit keine Hausarztsitze frei. Facharztsitze beziehen sich gegenüber Hausarztsitzen nicht auf Gemeinden oder Städte sondern werden gemeinde- bzw. städteübergreifend vergeben. Wird zum Beispiel ein Augenarztsitz frei, kann sich ein neuer Arzt im kompletten nordlippischen Raum von Bad Salzuflen bis Barntrup niederlassen.

Wie die Vergangenheit bereits gezeigt hat, wählen diese Fachärzte nicht kleine Kommunen wie Extertal, Barntrup oder Kalletal, sondern größere Städte wie Lemgo oder Bad Salzuflen. Um derartige Fachärzte in ein MVZ nach Barntrup zu bekommen, bedarf es zusätzlicher Facharztsitze oder der Bereitschaft der niedergelassenen Fachärzte, sogenannte Satellitenpraxen zu errichten. Jeder, der aber die Auslastung der Facharztpraxen kennt, weiß, dass diese Ärzte kaum genug Zeit haben den vorhandenen Ansturm zu bewältigen. Wartezeiten von mehreren Monaten auf nicht dringende Termine sind die Regel. Wie sollen die Fachärzte dann zusätzliche Patienten in den Satellitenpraxen untersuchen? Gibt es diese Bereitschaft?

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Frage einer passenden Immobilie hier eher untergeordnete Relevanz hat. Ein neues Gebäude dieser Größenordnung zu planen, ohne dass die spätere Belegung schon in groben Zügen feststeht, halten wir für durchaus ambitioniert. Gern lassen wir uns hier aber eines Besseren belehren – ein voll besetztes MVZ wäre ohne Frage ein Pluspunkt für unsere Stadt.

Unsere Fraktion ist jedenfalls weiterhin gesprächsbereit. Dass die Mitglieder von Stadtrat und Fachausschuss nach den ersten kritischen Fragen direkt als Blockierer dargestellt und diesbezüglich auch in den Medien angegangen wurden, bedauern wir. Dies entspricht schlicht nicht der Realität – niemand hat prinzipiell etwas gegen ein MVZ, die Frage ist nur, wie realistisch und hilfreich diese Planung für Barntrup am Ende ist.

Die Planungen weiter voran zu treiben ist Aufgabe des Büros in Verbindung mit dem Investor. Dazu gehört selbstverständlich die Einbindung von Bürgermeister, Verwaltung und Politik. Wenn jedoch schon frühzeitig erwartet wird, dass sich die Stadt auch finanziell an den Planungen beteiligen soll, dann müssen auch Nachfragen erlaubt sein.

Etwas unklar bleibt auch die Idee der Büroräume, die einen nicht unwesentlichen Teil des angedachten Komplexes ausmachen sollen. Wenn es um Verwaltungsräume im Sinne des MVZ geht – kein Problem.

Wenn aber hier „durch die Hintertür“ doch der Neubau eines Rathauses mit voran getrieben werden soll – ohne uns!

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